Die Bieterlücke als Stolperstein

Der strenge Umgang der Judikatur mit nicht oder nicht korrekt ausgefüllten Bieterlücken hat sich wieder bestätigt

 

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat in der Entscheidung vom 8.11.2017, W123 2171271-2/28E, bestätigt, dass ein Angebot mit nicht ausgefüllten „echten“ Bieterlücken auszuscheiden ist. Aus diesem Anlass sei wieder einmal an diesen „Klassiker“ unter den Angebotsfehlern erinnert.

„Echte“ und „unechte“ Bieterlücken

Bieterlücken sind freie Stellen im Leistungsverzeichnis, in denen der Bieter etwas einsetzen muss oder kann.
„Unechte“ Bieterlücken sind solche, für die der Auftraggeber selbst einen Vorschlag („Leitprodukt“) im Leistungsverzeichnis nennt. Das Leitprodukt gilt als angeboten, wenn der Bieter die Bieterlücke nicht ausfüllt (also kein anderes Produkt einsetzt). Das Angebot ist trotzdem vollständig.
„Echte“ Bieterlücken sind solche, in denen der Bieter etwas (meistens ein bestimmtes Produkt) einsetzen muss. Wenn er in die jeweilige Position nur den Preis einsetzt, aber kein Produkt, ist das Angebot unvollständig, weil nicht klar ist, welches Produkt der Bieter zum angebotenen Preis liefern bzw. einbauen würde.

Unbehebbarer Mangel 

Die Judikatur qualifiziert das Nichtausfüllen einer „echten“ Bieterlücke als unbehebbaren Mangel, weil ein nachträgliches Nennen eines Produkts einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil darstellt.
Auch „unechte“ Bieterlücken sind nicht ganz risikolos. Wenn ein Bieter ein nicht den Vorgaben der Ausschreibung entsprechendes Produkt einsetzt und im Angebot (Begleitschreiben) nicht dazu erklärt, dass er für den Fall mangelnder Gleichwertigkeit das Leitprodukt anbietet, handelt es sich ebenfalls um einen unbehebbaren Mangel.

Ungeeignete Ausreden

Im genannten Fall vor dem BVwG hat der betroffene Bieter versucht, sein Angebot durch folgende Rechtfertigungen zu retten:
Zunächst meinte er, dass das Leistungsverzeichnis die Anforderungen so präzis beschrieben hätte, dass das Angebot auch ohne Ausfüllen der Bieterlücke vollständig gewesen wäre. Da aber mehrere Produkte die Anforderungen erfüllt hätten, war dieses Argument nicht erfolgreich. Mit anderen Worten: Diese Ausrede zieht nur, wenn es tatsächlich nur ein Produkt gibt, das ausschreibungsgemäß ist, denn dann wäre das Angebot auch ohne Ausfüllen der Bieterlücke eindeutig.
Weiters verwies der Bieter darauf, dass die Ausschreibung elektronisch durchgeführt wurde und das Hochladen des Angebots auf die Ausschreibungsplattform nur möglich war, wenn das Programm zu den Mindestbestandteilen des Angebots ein grünes „Häkchen“ anzeigt. Da dies bei seinem Angebot der Fall war, hätte er davon ausgehen können, dass das Angebot vollständig war. Auch das half nicht: Ein solches Ausschreibungsprogramm überprüft typischerweise nur, ob alle Angebotsbestandteile vorliegen, aber nicht, ob die Inhalte vollständig sind. Das Risiko dafür liegt beim Bieter.
Das betrifft allgemein die Risikoverteilung zwischen Bieter und Auftraggeber. Wenn auch die elektronischen Ausschreibungsplattformen zunehmend gewisse Vollständigkeitsprüfungen des Angebots vornehmen und entsprechende „Warnungen“ anzeigen, bleibt die Verantwortung für ein vollständiges und inhaltlich mangelfreies Angebot dennoch beim Bieter. Sogar dann, wenn man in einem bestimmten Punkt zur Überzeugung käme, dass sich der Bieter auf die automatische Prüfung durch das vom Auftraggeber zur Verfügung gestellte Programm verlassen könnte, wäre die Konsequenz voraussichtlich dennoch das zwingende Ausscheiden des Angebots (sofern es sich um einen unbehebbaren Mangel handelt), denn ein mangelhaftes Angebot bleibt ein mangelhaftes Angebot. Ob ein Mangel vorliegt, wird nicht von den automatischen Prüfschritten des Ausschreibungsprogramms bestimmt, sondern an den Ausschreibungsvorgaben gemessen.

Der Praxistipp

Bieterlücken sind vollständig und sorgfältig auszufüllen. Fehler führen meistens zum Ausscheiden des Angebots. Das „Spekulieren“ darauf, dass der Auftraggeber solche Fehler in der Angebotsprüfung durchgehen lässt, ist ein riskanter Weg.

Quelle:
RA Mag. Thomas Kurz: Die Bieterlücke als Stolperstein, in: Österreichische Bauzeitung (2018), Nr. 5, S. 39

 

PS: Wussten Sie, dass die ÖNORM A2063 nur in ihrer neuesten Fassung von 2015 zwischen „echten“ und „unechten“ Bieterlücken unterscheidet? Um in ABK damit arbeiten zu können, ist der Einsatz der neuesten Programmgeneration ABK8 erforderlich.