ÖNORM A 2063:2021 veröffentlicht

Wesentliche Änderungen und neue Möglichkeiten im Bereich BIM.

 

Die ÖNORM A 2063 „Austausch von Daten in elektronischer Form für die Phasen Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung (AVA)“ regelt den Aufbau von Datenbeständen, die automationsunterstützt im AVA-Prozess zwischen allen Beteiligten (Planer, Modellierer, Auftraggeber, Kostenermittler, Bieter oder Auftragnehmer) ausgetauscht werden.

Screenshot Laptoptastatur mit ÖNORM-Taste

Am 15. März 2021 wurde die neue ÖNORM A 2063:2021 veröffentlicht. Sie ersetzt die Ausgabe von 2015, die technisch überarbeitet wurde und besteht aus zwei Teilen.

DI Monika Ilg ist in der ABK Softwareentwicklung tätig und leitete die ÖNORM-Arbeitsgruppe, in der rund 35 Experten aus dem CAD-, dem AVA-Bereich und dem FM-Bereich ihre Erfahrungen aus der Praxis einbrachten. Seit 2018 erarbeitete die Gruppe in über 40 Sitzungen Standards und Richtlinien für einen effizienten Datenaustausch im AVA-Prozess unter Berücksichtigung der Planungsmethode Building Information Modeling (BIM).

Folgend erläutert Ilg die wesentlichen Änderungen der neuen ÖNORM A 2063:2021 und erklärt, warum sie darin einen wichtigen Schritt in Richtung „OpenBIM“ sieht.

Teil 1: Austausch von Leistungsbeschreibungs-, Ausschreibungs-, Angebots-, Auftrags- und Abrechnungsdaten

Die ÖNORM A 2063-1:2021 beschreibt die Datenformate für den Austausch im Rahmen des AVA- Prozesses mit der herkömmlichen Arbeitsmethode und behandelt die Bereiche Leistungsbeschreibung (LB), Leistungsverzeichnis (LV) und Abrechnung.

Erweiterter Datenaustausch ermöglicht mehr Möglichkeiten im AVA-Bereich
Eine wesentliche Änderung beinhaltet die Möglichkeit, dass noch nicht beauftragte Positionen eines Zusatzangebotes in eine Prüfrechnung aufgenommen werden können“, so Ilg. 

Im Bereich der Abrechnung wurde der Datenaustausch erweitert, um Änderungen vom Zusatzangebots- zum Vertragsanpassungs-Leistungsverzeichnissen besser nachvollziehen zu können. Auch bei der Rechnungserstellung mit Ausmaßblättern wurde die Darstellung der Korrekturen erweitert, um eine lückenlose Nachvollziehbarkeit der Änderungen sicherzustellen. Rechnungen dürfen auch ohne Ausmaßblätter ausgetauscht werden, wie beispielsweise bei Akontozahlungen oder Abschlagszahlungen gemäß ÖNORM B 2110.

Es wurden im ersten Teil der neuen ÖNORM noch weitere Ergänzungen vorgenommen, wie etwa die Abrechnung mit der BIM-Methode, die für die Anwendung dieser Planungsmethode im zweiten Teil notwendig sind“, fasst Ilg zusammen.

Teil 2: Berücksichtigung der Planungsmethode Building Information Modeling (BIM) Level 3

Die ÖNORM A 2063-2:2021 ergänzt die Ausgabe ÖNORM A 2063-1:2021 und beschreibt die Datenstrukturen für den AVA-Prozess mit der BIM-Methode. Als Grundlage wurden die Bestimmungen der ÖNORM A 6241-2 und das Austauschformat „Industry Foundation Classes“ (IFC) gemäß ISO 16739-1:2018 herangezogen.

Neue ÖNORM basiert auf bewährten AVA-Prozessen und BIM-Methodik
Mit der ÖNORM A 2063-2:2021 wurde nun eine erste OpenBIM-Lösung geschaffen, die den offenen und softwareneutralen Austausch von Daten für den AVA-Prozess mit der BIM-Methode ermöglicht, und basiert auf bewährte Prozesse im AVA- und BIM-Bereich.

Ziel der Arbeitsgruppe war es, einen Arbeitsprozess entstehen zu lassen, der Daten aus den Leistungsverzeichnissen mit Daten eines BIM-Modells verbindet. Dieser Ablauf sollte einerseits weitgehend der bisherigen Arbeitsweise entsprechen und andererseits eine unabhängige Bearbeitung der Daten zulassen. Es geht um einen Brückenschlag zwischen BIM-Modell und dem Leistungsverzeichnis“, erläutert Ilg den Arbeitsauftrag. Das gelingt mit der Weiterführung der bewährten Methode, die auch für die Kostenplanung mit Elementen eingesetzt wird und baut weiter auf dem Prinzip einer standardisierten Austauschdatei mit genormten Datenformaten (IFC, ONLV) auf. 

BIM-Projektelementkataloge als Bindeglied zwischen IFC-Modell und Leistungsverzeichnis
Mit der BIM-Methode werden modellierte Bauwerksteile und technische Anlagen aus dem CAD als IFC-Elemente in eine IFC-Datei exportiert und anschließend mit einem AVA-Element aus einem BIM-Projektelementkatalog zusammengeführt. „Damit eine automatisierte Zuordnung von IFC-Element mit den entsprechenden AVA-Elementen gelingen kann, müssen Datenstrukturen, Datenformate und einige Dateninhalte in den unterschiedlichen Softwareanwendungen einheitlich sein. Diese Standards wurden nun in der neuen ÖNORM definiert“, betont Ilg.

Die in IFC-Dateien enthaltenen Geometrie- und alphanumerischen Daten werden für die Identifizierung der Positionen und für die Mengenermittlung in AVA-Elemente und in weitere Folge in Leistungsverzeichnissen übernommen.

Parameterlisten, Gliederungssysteme und die neue Bauproduktliste sind essentiell für den erfolgreichen Datenaustausch
Elementkataloge enthalten Parameterlisten, die wiederum Parameter für die in der IFC-Datei enthaltenen Geometrie- und alphanumerischen Daten beinhalten. Diese Parameter werden in den entsprechenden AVA-Elementen mit den Inhalten aus der IFC-Datei angezeigt. AVA-Elemente können für Auswertungen unterschiedlich klassifiziert werden, wie beispielsweise für Kostenplanungen mit dem Gliederungssystem nach ÖNORM B 1801.

Außerdem wurde eine Bauproduktliste auf Basis bestehender Standards erarbeitet, worin standardisierte Bezeichnungen für Bauprodukte zusammengefasst sind. Diese einheitliche Terminologie erlaubt den Austausch von relevanten, mit Bauprodukten verbundenen Daten, z.B. für ökologische oder bauphysikalische Eigenschaften von Bauwerken. „Diese Bauproduktliste sollte in allen BIM- und AVA-Softwareprodukten implementiert und angewendet werden“, betont Ilg.

Parameterlisten, Gliederungssysteme und die Bauproduktliste werden im ÖNORM-Format ONBGS ausgetauscht. Eine Parameterliste für Türsysteme, das Gliederungssystem nach ÖNORM B1801 sowie die Bauproduktliste stehen als Download auf der Webseite von Austrian Standards bereit.

Zur Webseite von Austrian Standards!

ÖNORM A 2063:2021 als OpenBIM-Lösung für den AVA-Prozess
Die neue ÖNORM ist eine riesige Chance, die Überführung der Planung in den Ausführungsprozess effizienter zu gestalten. Sie schließt die Lücke für OpenBIM im Bereich AVA, unterstützt alle beteiligten Akteure und soll vor allem KMUs den Einstieg in den komplexen BIM-Prozess erleichtern. „Die Standardisierungsarbeit unserer ÖNORM-Arbeitsgruppe hilft strukturelle Rahmenbedingungen festzulegen, um ein durchgängiges digitales Datenmanagement zu ermöglichen. Im nächsten Schritt sollten BIM-Allgemeine Elementkataloge erarbeitet werden“, so das Fazit von Ilg.

Elementkataloge reduzieren derzeit den Bearbeitungsaufwand von Kostenplanern. Mit der neuen ÖNORM sollen standardisierte BIM-Allgemeine Elementkataloge AusschreiberInnen, BieterInnen und AuftragnehmerInnen, BauökologInnen  und GebäudelebenszyklusplanerInnen gleichermaßen unterstützen. Diese Kataloge beinhalten Referenzkonstruktionsaufbauten mit Informationen, die über geometrische oder planerische Daten hinausgehen. Ein wesentlicher Schritt ist die Zuordnung der richtigen Leistungspositionen aus den entsprechenden Leistungsbeschreibungen zu den jeweiligen AVA-Elementen, sowie die Definition der benötigten Attribute aufgrund deren und der darauf abgestimmten Bedingungen die passenden Positionen weitgehend automatisiert gefunden werden.

Die neue ÖNORM ist im Webshop von Austrian Standards erhältlich!

Umsetzung der neuen ÖNORM in der ABK Bausoftware
Im ABK Jahresrelease 2021 wurden bereits in allen ABK-Bausteinen Parameterlisten bzw. Parameter gemäß ÖNORM A 2063:2021 eingearbeitet. Diese ersetzen die bisher bekannten Kennwertkataloge, entsprechen jedoch im prinzipiellen Aufbau sowie in ihrer Handhabung diesen. „Wir arbeiten derzeit intensiv an der Einarbeitung der Änderungen von Teil 1 im AVA-Bereich. Die Fertigstellung ist für Mai 2021 geplant“, so Ilg. Die Umsetzung der Änderungen aus dem 2. Teil der ÖNORM  2063:2021 ist im nächsten Jahresrelease vorgesehen.

ABK steht schon lange zu dem klaren Bekenntnis, softwareneutrale Standards zu unterstützen, so nun auch bei der Planungsmethode BIM für den AVA-Prozess“, so Ilg abschließend.